Donnerstag, 30. Mai 2013

eklatant provokant, oder "der untergang der europäischen arbeitswelt"

die modularisierung der arbeitswelt hat diese in deutschland nachhaltig verändert - eine folge der globalisierung, oder genauergesagt, der amerikanisierung. Ich nenne dies die "delegationskultur" im gegensatz zur eigentlichem europäischen (oder vielleicht auch spezifisch deutschen?) "verantwortungskultur". mit kultur an sich hat dies allerdings nichts zu tun, ich empfinde es eher als unsitte. denn das scheinbar endlose weiterdelegieren von tätigkeiten mag zwar den einzelnen vordergründig entlasten, führt aber letztendlich zur frustration beim kunden, da in die erledigung eines auftrags einfach zu viele stationen (beteiligte) eingebunden sind, die das abarbeiten stark verzögern, wenn nicht sogar - in unglücklichen "einzelfällen" - in endlosschleifen hineinmanövrieren, wo der kunde dann irgendwann resigniert, weil niemand wirklich für sein anliegen zuständig ist. letztlich ist diese "delegationskultur" auch für die arbeitskräfte in den betreffenden unternehmen unangenehm, denn erfolgserlebnisse in form von abgeschlossenen, also fertig bearbeiteten teilabschnitten gibt es nicht - jeder bearbeitet als völlig unwichtiges mini-rädchen im großen getriebe jeweils immer nur seinen winzigsten teilaspekt, sieht nie die "vollendung" seiner tätigkeit und schon gar nicht seinen anteil am "großen ganzen". und: ob er wirklich gut arbeitet oder nicht, spielt auch keine rolle mehr, da genügend weitere mini-rädchen im getriebe vorhanden sind.

es sind vor allem unternehmen mit amerikanischen muttergesellschaften, oder solche, die stark im lichte der öffentlichkeit stehen oder als besonders modern und effizient gelten wollen, die so "ticken". die arbeitskräfte in diesen modularen jobs sind nicht teuer. Oft werden sie zu großen teilen von zeitarbeitsfirmen gestellt, in abständen ausgetauscht, doch nur selten fest angestellt. die hierarchien sind flacher als bei herkömmlichen" firmen, oft sind bestimmte unternehmensteile wie die buchhaltung ins europäische ausland ausgelagert, was die arbeitsprozesse durch räumliche entfernung und sprachhindernisse (auch wenn diese stets tapfer weggeleugnet werden) zusätzlich verkompliziert. dass der "laden" dennoch läuft, liegt oft am engagement einzelner (die in vielen fällen gar nicht ahnen, dass sich "ihr" unternehmen im gegenzug gar nicht für sie engagiert), meist ist es jedoch die schiere größe der betreffenden firma und damit schlicht die trägheit der masse, die die unternehmen am leben hält: einmal in schwung gebracht, dauert es erstaunlicherweise lange, bis prozesse wirklich zum stillstand kommen - auch wenn die hindernisse für einen reibungslosen ablauf eigentlich groß, die zuständigkeiten zu weitläufig verteilt oder von vorneherein bewusst unklar formuliert sind.

ist es reine koinzidenz, dass sich in solchen firmen - im gegensatz zu den "traditionelleren" unternehmen - höhere anteile von arbeitnehmern mit sogenanntem "migrationshintergrund" finden? vielleicht auch deswegen, weil die "konventionell-deutschen" herkömmlichen arbeitgeber diese als arbeitskräfte erst gar nicht in betracht ziehen würden...? das wäre, neben der kostenersparnis, 'mal ein vorteil der modularisierung und somit gut für europa. doch auch die negativ-effekte der modularisierung scheinen weiterzugehen, peut-à-peut nun auch die anspruchsvolleren  jobs zu ergreifen. "modular" werden in zukunft viele jobs sein - egal, wer der jobinhaber nun ist, woher er kommt und wo er hin will. vor allem die nachwachsenden generationen, die in zukunft auf den arbeitsmarkt drängen, werden eine arbeitskultur der "verantwortlichkeit", in der der arbeitnehmer sich einen "fall" zu eigen machen und bei der abarbeitung dafür auch die verantwortung übernehmen kann, kaum noch kennenlernen... das wird sich, über kurz oder lang, auf alle ebenen der organisation auswirken - wachsen da in deutschland vielleicht zukünftig neue "nieten in nadelstreifen" heran?

und der kunde der zukunft, der wird sich daran gewöhnen müssen, dass er über kurz oder lang bei fast allen unternehmen, mit denen er zu tun bekommt, nach "telekommunikationsstandard" behandelt wird - mit wechselnden ansprechpartnern, die letztlich nicht handeln, sondern nur weiterdelegieren.
alles hat zwei seiten, ganz wie im richtigen leben. die modularisierung spart den unternehmen kosten, ist vielleicht auch billiger für den kunden.
aber ist sie auch besser?
  
  

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