Sonntag, 31. März 2013

"hannah arendt", versuch einer filmkritik

vorneweg muss ich anmerken, dass ich das buch über den eichmann-prozess gelesen habe, nach ihrem essay über die "banalität des bösen", und dann, weil mich das thema und die denkerin faszinierte, auch die "elemente und ursprünge totaler herrschaft". insofern war ich sehr gespannt auf den film.
zu gespannt vielleicht.

viellleicht ist es die ehrfurcht vor dem stoff, vielleicht auch der versuch, die "arroganz" in den vordergrund zu rücken, die zeitgenossen hannah arendt immer wieder vorwerfen - barbara sukowa bleibt als hauptdarstellerin seltsam hölzern, fast distanziert. eine mit preisen ausgezeichnete schauspielerin, die nach margarethe von trottas ansicht „die einzige schauspielerin ist, bei der sie sich vorstellen konnte, dass sie ihr das zeigen kann: wie jemand denkt“ (zitat: wikipedia.de), flimmert also vor mir über die leinwand, und spontan kommt mir in den sinn: eine brilliante denkerin stelle ich mir irgendwie anders vor. wiederholtes liegen auf dem "lectus lucubratorius" ist da für mich irgendwie nicht aussagekräftig genug.

ich sitze also in diesem film, der vor mir seine handlung entfaltet, und bleibe seltsam unbeteiligt, obwohl ich beteiligt werden möchte, anteil nehmen möchte. ich giere geradezu nach dem versprochenen denkprozess. barbara sukowa greift währenddessen immer wieder zur zigarette, raucht maniriert (ich habe echte süchtige erlebt, mein großvater war so jemand, und wie er beinahe verzweifelt an den glimmstengeln hing, aus ihnen die essenz heraussaugte, das war anders). wie sie agiert und spricht, berührt mich nicht, das schaffen auch nicht die anderen anwesenden deutschen filmgrößen. berührend ist dagegen die musik, die oft einzig und allein die dramatik innerer entwicklungen spürbar macht.
darf ein film über eine großartige denkerin mit einem solch schwierigen thema überhaupt berühren?

gegenüber heidegger spricht hannah arendt davon, dass denken und leidenschaft als zwei völlig voneinander getrennte, gar entgegengesetzte pole aufgefasst werden, so dass die vorstellung eines "leidenschaftlichen denkens" schockierend wäre. aber genau das hat sie in meinen augen getan: leidenschaftlich gedacht. und die welt war schockiert.
ab dem schock fängt der film dann an, sich zu entfalten.

leidenschaftlich wird der film endlich, als barbara sukowa aka arendt ihr flammendes plädoyer für ihren bericht, für ihr buch über den eichmann-prozess hält - dann erst nehme ich ihr das ab, was sie gegenüber heidegger anskizzierte, erst dann wird sie leibhaftig, wahrhaftig, greifbar und fassbar: agnosco vestigia veteris flammae. dann kommt das "unerhörte" 'rüber, das brennende, das brilliante und schockierende. das berührende.

es bleibt trotz der darstellerischen schwächen ein guter film, ein wichtiger film. ein film über ein essentielles thema. ich war zweimal drin, um auch den letzten tropfen ton, den letzten lidschlag bild des dargestellten auszuschöpfen, finde die darstellung nach wie vor schwach, doch ich kann nur jedem empfehlen, sich ihn ebenfalls anzusehen und seine/ihre eigene meinung darüber zu bilden.
  
"hannah arendt" bei imdb: click 
 
  

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